Wie Migräne-Patienten ihre Lebensqualität verbessern können

Tipps und Empfehlungen eines Kopfschmerzexperten

In Deutschland sind mindestens acht Millionen Menschen von Migräne betroffen. Die meisten von ihnen fühlen sich durch die neurologische Erkrankung erheblich beeinträchtigt. Studien zeigen, dass die Lebensqualität durch Migräne sogar stärker abnimmt, als durch andere chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck. Denn Migräne-Patienten leiden nicht nur unter Kopfschmerzen, sondern auch an Vorurteilen der Umwelt und werden oft medizinisch nicht richtig behandelt. Dr. med. Axel Heinze, leitender Oberarzt in der Schmerzklinik Kiel, erläutert, worauf es ankommt, was Migräne-Patienten unbedingt wissen sollten und wie sie ihre Lebensqualität verbessern können.

Portrait von Dr. med Heinze, Neurologe in der Schmerzklinik Kiel
Dr. med. Axel Heinze (Schmerzklinik Kiel)

Kann der Arzt mit einfachen Methoden die Diagnose Migräne stellen oder sind Spezialuntersuchungen notwendig?

Die Diagnose ergibt sich aus der typischen Beschreibung der Beschwerden und einem unauffälligen neurologischen Untersuchungsbefund. Sie kann damit im wahrsten Sinn des Wortes in der ärztlichen „Sprechstunde“ gestellt werden. Spezielle Zusatzuntersuchungen wie eine Untersuchung des Gehirns mittels Computertomographie oder Magnetresonanztomographie sind nur bei Zweifel an der Richtigkeit der Diagnose erforderlich.

Wann ist der beste Zeitpunkt, um Schmerzmittel bei einem akuten Migräneanfall zu nehmen?

Freiverkäufliche Schmerzmittel wirken in aller Regel umso besser, je früher in der Migräneattacke sie eingenommen werden. Zwar können spezifische Migränemittel wie die Triptane, auch noch in einer fortgeschrittenen Attacke wirksam sein, aber auch hier ist der Behandlungserfolg besser bei rechtzeitiger Einnahme.

Die Grundregel ist, dass Medikamente dann eingenommen werden sollten, wenn man sich sicher ist, dass sich eine Migräneattacke entwickelt, d. h. nicht erst auf dem Höhepunkt der Attacke, aber auch nicht bei den ersten Zeichen leichter Kopfschmerzen.

Was muss ich bei der Einnahme von Schmerzmitteln noch beachten?

Richtig eingenommen können Schmerzmittel bei vielen Patienten eine Migräneattacke zuverlässig lindern oder sogar beenden. Neben der rechtzeitigen Einnahme und einer ausreichenden Dosierung sollte jedoch unbedingt eine Kombination mit einem Mittel gegen Übelkeit erfolgen. Am bekanntesten sind hier die beiden rezeptpflichtigen Substanzen Metoclopramid und Domperidon. Sie bekämpfen nicht nur die migränebedingte Übelkeit, sondern verbessern und beschleunigen auch die Aufnahme der Schmerzmittel. Erst damit haben die Schmerzmittel eine wirkliche Chance zu wirken. Die Empfehlung der zusätzlichen Einnahme von Mittel gegen Übelkeit gilt übrigens auch für Triptane in Tablettenform.

Was passiert, wenn ich regelmäßig Schmerzmittel einnehme?

Problematisch ist es, wenn Kopfschmerzen an zehn oder mehr Tagen im Monat auftreten. Wird hier jede Kopfschmerzattacke mit Schmerzmitten oder Triptanen behandelt, droht die Entwicklung eines Kopfschmerzes bei Medikamentenübergebrauch. Es kann zur paradoxen Situation kommen, dass Schmerzmittel selbst wieder Schmerzen erzeugen. Durch vorbeugende Maßnahmen muss hier unbedingt vorher die Migränehäufigkeit gesenkt werden und im Zweifelsfall auch in Abständen eine einzelne Migräneattacke unbehandelt ausgehalten werden. Hat sich das Vollbild eines Kopfschmerzes bei Medikamentenübergebrauch entwickelt, hilft nur noch eine längere Medikamentenpause für alle Schmerzmittel und Triptane. Hilfe bieten hier Kliniken, die auf die Behandlung chronischer Kopfschmerzerkrankungen spezialisiert sind.

Welche Möglichkeiten für eine natürliche Therapie gibt es, die nicht mit Nebenwirkungen belastet?

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) stuft in ihren Empfehlungen zur Vorbeugung der Migräne Pestwurz, Vitamin B2, Coenzym Q10 und Magnesium als wirksam und damit empfehlenswert ein. Die Verträglichkeit ist dabei hervorragend. Damit muss nur bei schweren und sehr häufigen Migräneattacken auf die stärker wirksamen, aber auch nebenwirkungsträchtigeren Substanzen aus der Gruppe der Betablocker, Antiepileptika oder Antidepressiva zurückgegriffen werden.

Sind Nahrungsmittel wie Schokolade oder Käse wirklich Auslöser für einen Migräneanfall?

Auslöser von Migräneattacken können vielfältiger Natur sein. Typisch sind zum Beispiel der Hormonabfall vor der Menstruation, Stresssituationen bzw. die Erholung nach dem Stress oder auch Störungen im Schlaf-wach-Rhythmus. Nicht selten werden auch Lebensmittel oder Genussmittel angeschuldigt. Im Einzelfall kann das durchaus zutreffend sein. Man denke nur an Alkohol oder Gerichte, die mit dem Geschmacksverstärker Natriumglutamat „verbessert“ wurden. Der vielzitierte Schokoladengenuss hingegen ist kein Auslöser von Migräneattacken. Der Heißhunger auf Süßes ist vielmehr ein Vorbote der Migräneattacke. Die Migräne kommt, unabhängig davon, ob man dem Appetit nach Schokolade nachgibt oder nicht.

Kann man durch Ernährung die Migräne verbessern?

Tatsächlich hat das Essen einen großen Einfluss auf die Migräne, denn einer der potentesten Migräneauslöser ist Fasten. Die Migräne wird nicht dadurch ausgelöst, dass etwas Falsches gegessen wird, sondern einfach zu wenig. Man denke nur an das erzwungene Fasten vor einer morgendlichen Nüchternblutabnahme beim Arzt oder vor einem operativen Eingriff. Eine regelmäßige Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr über den Tag verteilt, ist eine einfache, aber wirksame Verhaltensregel für jeden Betroffenen.


Dr. med. Axel Heinze
Neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerzklinik Kiel
Leitender Oberarzt
Heikendorfer Weg 9-27
24149 Kiel

Interview: Redaktionsbüro Maria Lohmann

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